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8. April 2014 2 08 /04 /April /2014 20:15
Der Himmel über dem Mölltal - Sandkopf 3090 m

 

Tiefblick auf die Richardswand, die in das Kleine al llt

 

Hang am Mönchsberg mit Blick nach Westen zum

Allmählich wird es Tag

Willkommen im Mölltal. Ich übersehe vor vier Uhr früh die Abfahrt vom Lurnfeld ins Tal und fahre erst in Sachsenburg ab, um dann über Möllbrücke nach Kolbnitz zu fahren. Ein gigantisches Lichtband zieht sich von Kolbnitz hinauf aufs Reißeck und zum ersten Mal ahne ich die Dimensionen, in denen ich in knapp zwei Stunden, im Morgengrauen, bewegen werde.

Ich hatte mich ausführlich erkundigt, ob ein Dreitausender von Oberschachnern, nahe Heiligenblut, aus zur Zeit möglich ist. Vor zwei Tagen ging ich eine Tour auf das Schareck, das nahe beim Dreitausender, eine fantastischen Blick auf den Mönchsberg und die Richardswand ermöglicht.
Der Plan war vor 3 Uhr von St.Veit/Glan nach Heiligenblut und weiter nach Oberschachnern zu fahren und zwischen 5 Uhr und 6 Uhr vom Gasthof Lenzerhof zu starten: Etwa 1600 Höhenmeter Aufstieg im freien Gelände bis auf 3090 m zum Sandkopf Gipfelkreuz im Alleingang warteten. Nach einer Rücksprache mit dem Alpenverein Großkirchheim ist da oben am Vormittag alles in Ordnung. Als absoluten Umkehrzeitpunkt gilt dann 11.00 Uhr am Vormittag, egal wie weit der Gipfel noch weg ist.

Allmählich wird es Tag. Ich bin seit 06:10 Uhr im Aufstieg durch den Hochwald. Ich sehe keine Markierungen zu den Schachnerkasern und klettere teilweise mit den Skiern in der Hand, dem Rucksack und der Lawinenausrüstung mit offenen Skischuhen durch steiles Gelände. Kaum Schnee. Ich suche einen Aufstiegsweg. Unentwegt. Ich bewege mich links, dann wieder mehr rechts. Eine breite Forststraße zieht sich nach Westen. Erst ein alter Hohlweg führt nach mehr als einer Stunde im Wald ins Freie. Ich sehe vereinzelt Almhütten und den Aufstieg auf den Mönchsberg endlich frei. Ich lege die Harscheisen an. Gut und gerne 400 Höhenmeter Wald liegen jetzt hinter mir. Ein Eichkätzchen lief vor mir im Morgengrauen über die breite Forststraße.

Ein paar Stunden Schlaf, Wachphasen, Beklemmung, gepaart mit Angst, Bedenken, aber ich hatte einen Traum. Eine Vision. Ein Ziel. Alleingang und die Abfahrt von einem Dreitausender in einem Gebiet, das zu den bekanntesten Berglandschaften der Ostalpen zählt.

Kompromisslos nach oben

Jetzt stieg ich kompromisslos nach oben. Im Hochwald hatte ich mehr als eine halbe Stunde Zeit verloren. Hier im freien, steilen Gelände war die Schneedecke lückenlos und hart und die Harscheisen griffen wunderbar. Ich ging konsequent hoch. Das erste Licht am Morgen und die frühe Sonne, die plötzlich in den Steilhang ober mir schien, die alten Spuren von Skitourengehern, die gerade Linien in die Hänge ziehen, alles sah fantastisch aus, alles wirkte auf mich ein. Ich hatte ein Headset mit und jede Menge Songs am Smartphone, aber ich war derart konzentriert auf jedes Geräusch. Mir war als sammelte ich alle Eindrücke, die von außen einwirkten, um mich mental abzugrenzen und alle Bedenken und die Angst hatte dadurch keinen Platz. Im Endeffekt ist es einerlei ob Du auf einem kleineren Berg in der Innerkrems 40 Minuten vom nächsten Menschen weg bist oder hier vier Stunden auf einem gigantischen Gipfel.

Vor mir Schneehühner. Der Klang der Harscheisen, die in die harte Schneedecke griffen. Unentwegt. Die letzte Almbehausung ist schon weit unter mir. Ich bewege mich schon den langgezogenen Kamm des Mönchsbergs in Richtung Nordosten zum Hohen Wetterkreuz hinauf. Unglaublich mächtig fällt links neben mir die Richardwand in das kleine Fleißtal ab. Mein Bewußtsein ist fokussiert. Auf Geräusche. Auf kleinste, geringste Wahrnehmungen: Lichtstrahlen. Schneekristalle. Windverfrachtungen, die seltsam schöne Formen in die Hänge zaubern. Ich bin völlig ruhig und gelassen. Ich funktioniere in der steten Bewegung nach oben.

Dann gehe ich am Oberen Wetterkreuz vorbei. Ich steige in einen steileren Hang ein. Gehe nach oben. Sehe den Gipfel. Aber er scheint nicht näher zu kommen. Die reduzierte, karge alpine Landschaft und der Blick in die Abgründe der Richardswand sind großartig und einmalig. Ich hatte Angst vor diesem Anblick, aber hier ganz oben ist alles weich, sanft, ohne Eindringlichkeit. Was eigentlich brutal und erschreckend wirken muss, kommt hier oben gefiltert und als Weichzeichnung bei mir an. Mein Bewußtsein schützt mich. "Ist, was ich sehe und höre und rieche, nicht bloß der Schein einer Welt vor der Welt?", schrieben Wim Wenders und Peter Handke im Filmdrehbuch zu "Der Himmel über Berlin".

Ich fotografiere mit dem Smartphone, kommuniziere und sende Fotos und einen kurzen Text mit Fotos. Dann stehe ich am Gipfel. Er ist überwechtet und schmal. Links und rechts von mir fallen Wände steil ab. Das Kreuz. Das Gipfelbuch. Ich trag mich ein. Die Sonne. Ich sehe hinüber zum Hohen Sonnblick. Dann, fünfzehn Minuten später erfrische ich mich zehn Meter unter dem Gipfel und ziehe mich um. Ich ruhe mich aus und sehe auf die Bergkulisse. Der Hocharn. Der Hohe Sonnblick. Der Rote Mann im Norden und der schwarze Berg im Westen. Ich trinke O2 alive. Ich esse eine kleine Spalte Schokolade. Ein Geburtstagsgeschenk. Eine Geschmacksexplosion am Gaumen. Ich stehe da. Eine weitere Viertelstunde. Dann packe ich. Mein Setting ist perfekt. Die Skikanten neu geschliffen. Der Servicetechniker im Sportgeschäft in Heiligenblut hat auch den Belag präpariert, als stünde ich vor einem Rennen.

Freeride downhill

Ich fahre jetzt ab. Weit vor 11 Uhr Vormittags. Vorsichtig auf hartem Untergrund. Eis. Bis zum Oberen Wetterkreuz. Dann am Mönchsberg, ziehe ich perfekte Slalomschwünge in den leicht aufgefirnten Untergrund. Ich hinterlasse kaum Spuren. Nur einen Hauch am Firn. Der Schneeuntergrund ist noch immer hart. Ich suche die Linie. Vorbei an Felsgestein. Der Blick nach unten reicht immer zwanzig, dreißig Meter. Alles klappt. Alles ist perfekt. Ich fahre und fahre und setze Schwünge an. Es ist wie bei einem unendlichen Tanz. Harmonie. Leichtigkeit. Spritzigkeit. Perfekt. Ich fahre an Weidezäunen vorbei. An den ersten hohen Almhütten. Immer wieder tauchen Steilpassagen auf. Dann flache, kleine Hänge. Dann der Wald. Ich fahre in den Lärchenwald hinein. Fahre an den Apriacher Kasern vorbei. Dann trage ich meine gesamte Ausrüstung eine schmale Bergstraße runter. Ein Mann sitzt auf einer Bank in der Sonne ober Apriach. Er grüßt mich freundlich. Ich bin zurück.


 

 

Skitour:  LC Vitus St.Veit/Glan Mitglied  Franz Waditzer

 

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